Erläuterung zum Wappen aus der Heimatbeilage der Verbandsgemeinde Gau-Algesheim Nr. 4 vom Oktober 1991:
Engelstadt besitzt eines der ältesten und zugleich schönsten redenden Wappenbilder des Rheinhessischen Raumes.
Alle Gerichtssiegel des 16. bis 18. Jahrhunderts zeigen den Engel in den verschiedensten Variationen.
Die älteste Engeldarstellung auf einem Siegel stammt aus dem Jahre 1535 und zeigt die Umschrift:
(Sigel) des Gerichts zu Engelstatt
Es befand sich früher in der Siegelsammlung des Stadtarchivs Marburg.
1631 soll das Siegel im geteilten Schild eine Halbfigur eines Engels
gezeigt haben, der in seinem rechten Arm einen verkürzten Schild
gehalten haben soll. Nachweise konnten nicht gefunden werden.
1700 legte sich das Gericht ein neues Siegel zu. Es zeigte nun einen
ritterlichen linksgewendeten Engel mit Helm und Rüstung, der in der
rechten Hand ein Zepter hielt. Die Umschrift lautete
* Engelstadt * Gerichts * Insiegel * Anno 1700 *
Durch das Zepter sollte wohl die Gerichtsherrschaft symbolisiert werden.
Ab 1798 führte die Gemeinde kein Siegel mehr, weil mit Beginn der
französischen Herrschaft auf dem linken Rheinufer Engelstadt mit
Jugenheim eine gemeinsame Mairie, Bürgermeisterei bildeten, deren Sitz
in Jugenheim war.
Nach der Übernahme unseres Gebietes im Jahre 1816 durch das
Großherzogtum Hessen und bei Rhein trug das Siegel zunächst keine
Wappenfigur, sondern nur die Bezeichnung
Gemeinde Engelstadt
Die Umschrift lautete:
G. H. BÜRGERMEISTEREI
G. und H. war die Abkürzung für Groß-Herzogliche.
Ab 1822 trug das Siegelrund einen gekrönten Schild mit dem hessischen Löwen und der Umschrift:
+ G R. HESS. BÜRGERMEISTEREI ENGELSTADT +
Obwohl 1919 die Monarchie abgeschafft und der Volksstaat Hessen ins
Leben gerufen wurde, benutzte die Gemeinde Engelstadt in Gemeinde- und
Standesamtsangelegenheiten die alten Siegel weiter. Erst ab 1920 schnitt
man das GR (Großherzogliche) aus der Siegelumschrift heraus und benutzte diese bis 1922 weiter.
1921 wurden neue Siegel angeschafft, die den alten ähnlich waren. Die Umschrift lautete nun:
+ VOLKSSTAAT HESSEN + BÜRGERMEISTEREI ENGELSTADT +
Der hessische Löwe blieb als Wappenbild erhalten und anstelle der
großherzoglichen Krone auf dem Wappenschild wurde nun eine abgewandelte
Krone auf dem Schild angebracht, die man Volkskrone nannte.
1933 schufen die Nazis die Selbstverwaltung der Gemeinden fast
völlig ab. Konsequenterweise waren damit selbständige Wappen und Siegel
der Gemeinden nicht mehr zugelassen und das Engelstädter Siegel erhielt,
wie alle Gemeinden und sonstige öffentliche Einrichtungen, ab 1936 den
nationalsozialistischen Adler.
Nach dem Einmarsch der Franzosen im Jahre 1945 verboten diese alle Nazi-Symbole.
Daraufhin schnitt man das Hakenkreuz im Eichenkranz einfach aus dem
Siegel heraus. Der Adler wurde nicht als Nazi-Symbol angesehen, sondern
als Symbol des Staates. Im Gegensatz zu den Nachbargemeinden schnitt die
Gemeinde Engelstadt Ende 1945 auch den Adler aus dem Siegel, sodass nur
noch die Schrift erhalten blieb.
1946 erhielt das Standesamt ein Dienstsiegel ohne Wappenbild, das
bis 1948 in Gebrauch blieb. Nun hatte das Standesamtssiegel das gleiche
Wappenbild wie die Gemeinde. Seit 1952 führen die Standesbeamten das
Wappen des Landes Rheinland-Pfalz im Siegel.
Von 1948 bis 1953 führte die Gemeinde ein Wappen mit einem
geschachteten Kreuz. Offensichtlich wollte man damit die frühere
Zugehörigkeit zur Grafschaft Sponheim dokumentieren. Im 13. Jahrhundert
verpfändete Pfalzgraf Heinrich den Ort an die Grafen von Sponheim für
500 Mark, um die Teilnahme an einem Kreuzzug zu finanzieren. 1311
versetzte Pfalzgraf Rudolph den Ort an den Grafen Simon von Sponheim.
Die Grafen von Sponheim führten ein rot-weiß geschachtetes Wappen.
Anstelle der Umschrift Standesamt Engelstadt trug das Gemeindesiegel die
Umschrift:
Der Bürgermeister der Gemeinde Engelstadt
Im Jahre 1953 verlieh die Bezirksregierung Rheinhessen der Gemeinde
das heutige Wappen. Da die Verleihungsurkunde nicht auffindbar ist, kann
das genaue Datum nicht festgestellt werden.
Die Wappenbeschreibung lautet:
Im Blau die Ganzfigur eines silbernen Engels in Vorderansicht mit
silbernen Flügeln und goldenem Haar. Der Engel hat in der rechten Hand
eine grüne Weintraube. Links ist sie begleitet von einem goldenen Turm.
Leitermann begründet das Wappen u.a. wie folgt:
Der Begriff „Stadt“ ist neben diesem Engel durch ein kleines
Stadttor angedeutet, das in dem modernen Wappenbild durch das heutige
architektonische Wahrzeichen des Ortsbildes, dem Turm der
kunsthistorisch bedeutsamen fränkischen Kirche ersetzt ist. Die Traube
in der Hand des modernen Engels weist auf den für die Gemeinde wichtigen
Weinbau hin.